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Gesundheit 4.0: Chancen für E-Health

Apple entwickelt mit der privaten US-Krankenversicherung Aetna Gesundheits-Apps, Google entwickelt KI's deren Diagnosen die Qualität von Fachärzten erreichen - der Zug in Richtung Digitalisierung des Gesundheitswesen hat längst volle Fahrt aufgenommen. Deutschland ist auf ihn verhältnismäßig spät aufgesprungen. Dabei bietet E-Health gerade in Deutschland Chancen für Unternehmen, Medizin und nicht zuletzt dem einzelnen Patienten, deren Realisierbarkeit wir immer näher kommen.


Die von Google entwickelten KI Tools wirken bereits wie in einem Science-Fiction-Film. Sie erkennen Krebs, Augen- oder Hauterkrankungen. Ihre Diagnosen erreichen dabei bereits die Qualität von Fachärzten: In einer Vergleichsstudie, in welcher Bilder der Haut von 3.700 Patienten auf mögliche Veränderungen untersucht wurden, erzielten sowohl die KI als auch die Dermatologen eine Genauigkeit von 90 %. Allgemeinmediziner und Pflegepersonal lagen dagegen bei nur 75 und 55 % ihrer Diagnosen richtig.


Effizientere und exaktere Diagnose: Das verspricht künstliche Intelligenz (KI) in der Medizin. Durch die Unterstützung auch von fachfremden Ärzten zeigt E-Health neben der Optimierung der Diagnose-Qualität zusätzliches Potential in Bezug auf Vorsorge und frühzeitiger Erkennung von Erkrankungen. Denn wie oft sind wir bei Fachärzten? Allein wegen eines Ausschlages oder eines Flecks auf der Haut? Google verspricht, dass mit der Bildanalyse-Fähigkeit von "Google AI" auch der Allgemeinarzt die 26 häufigsten Hautkrankheiten erkennen kann ("Deep Learning System for Differential Diagnosis of Skin Disease"). Dies entlastet die vergleichsweise begrenzte Zahl an Dermatologen, die sich nun auf die schweren Fälle und deren Behandlung konzentrieren können.


Und nicht nur in der Klinik und im Labor kann durch die Digitalisierung des Gesundheitswesens ein revolutionärer Fortschritt geleistet werden. Bis in den Alltag ziehen sich die Fäden von E-Health: Das Smartphone in unserer Hosentasche zählt jeden Schritt, die Apple-Watch an unserem Handgelenk registriert jeden Herzschlag.

 

Was ist E-Health?


Der Begriff E-Health (Electronic Health) umfasst alle Hilfsmittel sowie Dienstleistungen im Gesundheitswesen, welche auf digitale Technologien zurückgreifen.


Darunter fällt KI-Basierte Diagnostik, Telemedizin, die digitale Patientenakte, aber auch Gesundheits-Apps, Gesundheitsportale und Online Apotheken.

 

Durch künstliche Intelligenz gestützte Diagnosen gibt es auch in Deutschland: In einer Studie der Universitätsklinik Heidelberg traten 58 Dermatologen gegen einen KI-basierten Bildanalyse-Algorithmen an. Nur 13 konnten die KI bei der Erkennung des malignen Melanoms im direkten Vergleich schlagen - mindestens 40 deutsche Arztpraxen haben das Diagnosesystem mittlerweile installiert. Auch deutsche Firmen sind in diesem Bereich zunehmend aktiv.


Warum aber hat Deutschland so lange gewartet? Warum ziehen erst jetzt Siemens Healthineers und viele Start-Ups nach? Dies liegt hauptsächlich an zwei Problemen, mit welchen Deutschland in der Vergangenheit zu kämpfen hatte:


1. Big Data. Die Algorithmen der KI benötigen große Datenmengen, um trainiert zu werden und Krankheiten verlässlich zu erkennen. So wurden für Google's AI-basierte Erkennung von Hauterkrankungen rund 18.000 anonymisierte Datensätze verwendet. Der Einsatz von Big Data in deutschen Unternehmen hat sich allerdings lange Zeit nur schleppend entwickelt, zumal häufig die technische Infrastruktur fehlt. Hier holen deutsche Unternehmen und Start-Ups allerdings in jüngster Zeit auf.


2. Datenschutz. Big Data wirft aber auch ethische und Datenschutz-rechtliche Fragen auf, die gerade in Deutschland intensiv diskutiert werden. 2017 veröffentlichte der Ethikrat zum Thema E-Health die 300-Seitige Stellungnahme „Big Data und Gesundheit – Datensouveränität als informationelle Freiheitsgestaltung“. Kritikpunkt des Ethikrates war damals das Datenschutzrecht, welches er als nicht weitreichend genug einstufte. Ersichtlich wird hier, wie lange das Thema E-Health bereits in den politischen Diskurs aufgenommen ist.


Wenn die Datenschutz-Problematik bei der Produktentwicklung nicht bewusst ist, wird dies zum Verhängnis. Die jüngsten Diskussionen zur Corona-App (einer Contact-Tracing-App, die registriert und speichert, mit wem Infizierte in Kontakt getreten sind, um Infektionsketten aufzudecken) zeigen, wie schwer sich Deutschland in diesem Bereich noch tut. Der Streit über die Art und Weise der Datenspeicherung sowie Unklarheiten bei den Zuständigkeiten führten dazu, das ursprüngliche Konzept zu verwerfen, mit der Folge, dass sich die Einführung der Corona-App verzögert. Dabei hätte von vornherein klar sein müssen, dass die Umsetzung einer App, die so sensible Daten wie die Bewegungsmuster der Bürger zentral speichert, in Deutschland nicht möglich ist.


Es kann nicht im Interesse des Gesetzesgebers sein, eine Revolutionierung des Gesundheitswesens zurückzuhalten, da die Digitalisierung im Gesundheitswesen hilft Kosten einzusparen und die Qualität der Versorgung zu steigern: Eine Studie von McKinsey, die in Kooperation mit dem Bundesverband Managed Care e.V. (BMC) ins Leben gerufen wurde, hat berechnet, wie viel an Gesundheitskosten Deutschland im Jahr 2018 mit einem bereits digitalisierten Gesundheitswesen gespart hätte. Sie kam dabei auf 34 Mrd. eingesparte Euro, was eine Reduzierung des Kostenaufwands von 12 % der angefallenen 290 Mrd. Euro in diesem Jahr entspricht.


Eine weitere interessante Studie von Pricewaterhouse Coopers kommt zum Ergebnis, dass sich 75 Mrd. Euro alleine in Bezug auf Brustkrebs innerhalb von 10 Jahren durch Früherkennung und schnellere Befunde mittels KI einsparen lassen.


Langfristig wird die Kostenfrage immer dringlicher werden, denn das Gesundheitswesen muss sich durch den demographischen Wandel in Zukunft erheblichen Herausforderungen stellen. Eine Gesellschaft, deren Alterung sich in den Beiträgen der gesetzlichen Krankenkassen abbilden wird, und flächendeckende medizinische Versorgung notwendig macht. Neben dem Kostenaufwand ist es auch der bereits bestehende Fachkräftemangel bei wachsender Patientenzahl, durch welchen unser Gesundheitswesen auf Massendaten-Verarbeitung langfristig angewiesen sein wird.


Ziel des Gesundheitssystems ist es, die Qualität ständig zu verbessern und diese allen Patienten zu Gute kommen zu lassen: so können KI Anwendungen Patienten auf der Intensivstation überwachen und dabei Komplikationen frühzeitig erkennen und ein Ranking der ausgelösten Alarme nach Dinglichkeit vornehmen. Das Personal kann so effizient eingesetzt werden, ohne dass die Betreuung darunter leidet. Gesundheits-Apps können eine fundierte Einschätzung der Symptome im Vorfeld vornehmen und eine Therapieempfehlung abgeben, die der Arzt übernehmen oder auch ablehnen kann.


E-Health hat wie jede neue Technologie Risiken, auch im Hinblick auf gesellschaftliche Veränderungen. Hier bedarf es einer breiten Diskussion. In Bezug auf Effizienz und Kosten bietet E-Health jedoch ein unschlagbares Potential für Prävention, klinische Diagnostik, Behandlung und die deutsche Wirtschaft. Auch deutsche Firmen bringen bereits Produkte und Patente auf den Markt (z.B. Siemens Healthineers) und nehmen in diesem zukunftsweisenden Sektor fahrt auf.

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